Erwerbstätige Frauen und Männer verbringen gleich viel Zeit mit Arbeit. Doch die Anteile an bezahlter und unbezahlter Arbeit unterscheiden sich selbst dann deutlich, wenn beide erwerbstätig sind. Während Männer im Schnitt 9 Stunden pro Woche länger in der Arbeit sind, arbeiten Frauen 11 Stunden pro Woche mehr im Haushalt und in der Betreuung.
Zwei Seiten eines Eisbergs: bezahlte und unbezahlte Arbeit
Gesellschaftliche Arbeitsteilung basiert auf der Trennung von bezahlter und unbezahlter Arbeit. Während bezahlte Arbeit (auch Erwerbsarbeit) für die soziale und finanzielle Absicherung eine wichtige Rolle spielt, ist die unbezahlte Arbeit zumindest in der arbeitsmarktpolitischen Perspektive (wenn überhaupt als Zumutbarkeitskriterium) nebensächlich. Ebenso gibt es eine klare Anerkennungsordnung: bezahlte Arbeit hat definitiv einen höheren Status als Haus-, Familien- und auch Freiwilligenarbeit zusammen. Erwerbsarbeit findet in der Regel außerhalb des Zuhauses statt, ist sichtbar und strukturiert maßgeblich den Tagesrhythmus von Erwerbstätigen. Unbezahlte Arbeit findet in der Regel zuhause in den Randzeiten oder am Wochenende statt und ist meistens eine Variation aus Nahrungsmittelbeschaffung, Instandhaltung der Wohnung und Betreuungszeiten.
Und obwohl Erwerbstätige wöchentlich mehr als sechzig Stunden mit Arbeit verbringen, ist die Verteilung von unbezahlter und bezahlter Arbeit nicht zufällig: Die Stunden, die Männer länger erwerbstätig sind, verbringen die Frauen mit unbezahlter Arbeit (Zeitverwendungsstudie 2008/9).
Erwerbsarbeit im Tagesverlauf
Der Anteil der Erwerbstätigen ist von 8:00 Uhr vormittags bis zur Mittagspause um Punkt 12 Uhr bei Frauen und Männern sehr ähnlich. Wobei Männer die Mittagspause weniger zeitlich verteilen als Frauen, die auch später in Pause bzw. nachhause gehen. Am Nachmittag bis 17:00 arbeiten dann noch mehr als die Hälfte aller Männer, während von den Frauen ab 13 Uhr bis 15 Uhr nur mehr jede Vierte arbeitet, und dann jede weitere Stunde immer weniger. Hier bildet sich in den Daten die Teilzeitarbeit ab. Zum Zeitpunkt der Zeitverwendungserhebung lag die Teilzeitquote von Frauen bei 41,5%. Heute, zehn Jahre später, ist sie weiter gestiegen und liegt bei über 47%. Um 20 Uhr arbeitet immerhin noch jeder zehnte erwerbstätige Mann und jede zwanzigste erwerbstätige Frau.
Je älter desto mehr wird geputzt, gekocht und eingekauft
Es gibt in Bezug auf die Hausarbeit drei Aktivitätsgruppen: die Einstiegsphase (junge Menschen) mit der niedrigsten Beteiligung, die Haupterwerbsphase mit den größten Unterschieden zwischen Frauen und Männern, und die Pensionsphase, in der sich die Unterschiede zumindest beim Einkaufen angleichen.
Die Beteiligung der Männer an der Hausarbeit ist seit den 1980iger Jahren gestiegen: von damals 40% auf 78% Beteiligung im Jahr 2008/9. Interessant ist allerdings, dass die Tätigkeitsdauer der männlichen Hausarbeit in den 80iger Jahren mit 3:27 Stunden sogar höher war als beim letzten Erhebungszeitpunkt mit 2:46 Stunden. Und obwohl Egalitätsüberzeugungen in Bezug auf Arbeit und Haus- und Familienarbeit gesellschaftlich akzeptiert sind, zeigt sich nicht nur durch die Zeitverwendungsdaten, dass das Halbe-Halbe ein gefühlter Trugschluss ist. Spätestens nach der Familiengründung geschieht bei Paaren die bis dahin gleich viel im Haushalt beteiligt waren, ein Wechsel zu einer weniger egalitären Arbeitsteilung (ÖIF-Studie 2008). Die Veränderung der Erwerbsposition durch die Karenz der Frau, führt zu einem mehr an unbezahlter Hausarbeit, die auch später durch die danach meist folgende Teilzeitarbeit stabil und unverändert bleibt, während Männer gleich viel oder mehr arbeiten.
Es ist interessant, dass die Wahrnehmung vieler aufgeschlossener Paare nicht mit dem Zeitverwendungs-Realitätscheck zusammenpasst. Das Österreichische Institut für Familienforschung hat im Rahmen eines EU-Projekts 40 Paare mit Kindern in Bezug auf Haushaltsteilung vor und nach der Familiengründung qualitativ untersucht. Dabei wurden Paare gefragt, welche Aufgaben sie selbst oder ihr Partner, bzw. welche sie zu gleichen Teilen ausüben. Bei Behördenwegen, der Essenszubereitung oder beim Einkaufen gibt es die größte Übereinstimmung, dass beide zu gleichen Teilen beteiligt sind. Anders sieht es beim Bügeln oder Gartenarbeiten aus.
Lesebeispiel für die folgende Grafik: von den 40 befragten Frauen gaben 23 an selber aufzuräumen, eine gab an, dass (nur) der Partner aufräumt, und die restlichen 16 Frauen gaben an, dass sie und ihr Partner zu gleichen Teilen aufräumen.
Kochen hat von allen Haushaltstätigkeiten eine Sonderstellung: es ist sozial sichtbarer und Essen ist mehr als bloße Nahrungsaufnahme. Das mag der Grund sein, warum Männer lieber kochen, als das Badezimmer zu putzen. Pierre Bourdieu hat dem Kochen eine Abgrenzungsfunktion zugeschrieben, an der sich soziale Klassen unterscheiden. Je höher die soziale Klasse, desto eher wird Kochen für Männer als Betätigungsfeld attraktiv. Dafür spricht, dass es Starköche gibt und keine Starstaubsaugerinnen.
Von halben Bildern und ganzem (Volks)Begehren
Unbezahlte als auch bezahlte Arbeit ist also zeitlich nicht gleich verteilt und zudem auch nicht gleich bewertet und sichtbar. Jungväter, die in Karenz gehen oder den Kinderwagen um den Häuserblock schieben, bekommen eine andere Aufmerksamkeit, als Jungmütter, die keinen kognitiven Bruch mit der erlernten Vorstellung sozialer Gegebenheiten auslösen. Männer, die das Bad putzen und wissen, wo die Staubsaugerbeutel gelagert sind und wann die Biomülltonne hinauszustellen ist, bekommen mehr Anerkennung dafür als Frauen. Mütter, die arbeiten, bekommen eine andere Aufmerksamkeit (und gesellschaftliche Zuschreibung) als berufstätige Väter. Die Bewertung von Arbeit hat mehr mit unseren Wertvorstellungen und sozialen Normen zu tun, als die Diskussionen darüber es oft zeigen. Vor allem, weil die Verteilung der Erwerbsarbeit die Debatten dominiert, und Haus- und Betreuungsarbeit für jene ist, die dafür Zeit haben bzw. sich diese nehmen müssen.
Ohne die Verteilung von unbezahlter Arbeit mitzudiskutieren entsteht aber nur das halbe Bild. Apropos halb: die damalige Frauenministerin Helga Konrad hat 1999 für die Polit-Kampagne „Ganze Männer machen Halbe-Halbe“ nicht nur viel Unmut und Unverständnis eingesteckt, sondern auch das Halbe-Halbe im allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch verankert. Seit 2000 gilt: „§ 91. (1) Die Ehegatten sollen ihre eheliche Lebensgemeinschaft, besonders die Haushaltsführung, die Erwerbstätigkeit, die Leistung des Beistandes und die Obsorge, unter Rücksichtnahme aufeinander und auf das Wohl der Kinder mit dem Ziel voller Ausgewogenheit ihrer Beiträge einvernehmlich gestalten.“
So weit, so gut. Die volle Ausgewogenheit hat gesetzlich aber schnell ein Ende. Die unbezahlte einvernehmliche Ausgestaltung von Arbeit endet nämlich dort, wo die gewichtigere Erwerbsarbeit beginnt:
„(2) Von einer einvernehmlichen Gestaltung kann ein Ehegatte abgehen, wenn dem nicht ein wichtiges Anliegen des anderen oder der Kinder entgegensteht oder, auch wenn ein solches Anliegen vorliegt, persönliche Gründe des Ehegatten, besonders sein Wunsch nach Aufnahme einer Erwerbstätigkeit, als gewichtiger anzusehen sind. In diesen Fällen haben sich die Ehegatten um ein Einvernehmen über die Neugestaltung der ehelichen Lebensgemeinschaft zu bemühen.“
Weil Frauen sich nicht mit dem Halb-Ganz (Teilzeit und die ganze Hausarbeit) abspeisen lassen, gibt es immer wieder gesellschaftspolitische Initiativen, wie derzeit das Frauenvolksbegehren. Die Eintragsfrist für Unterstützungserklärungen läuft noch bis 12. März.